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Ellbogendysplasie beim Hund: Eine erbliche, chronische Gelenkerkrankrung

von Finia Fischer
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ED beim Hund ist eine Erkrankung des Ellbogengelenks, die chronisch verläuft. Vor allem schnell wachsende Rassen, bzw. Hunde leiden häufig an einer Ellbogendysplasie. Eine Heilung der ED beim Hund ist nicht möglich. Durch Operationen und physikalische Therapien können der Verlauf der ED beim Hund verlangsamt und die Schmerzen gelindert werden. Der Hund hat die Chance auf ein Hundeleben mit geringen Einschränkungen.

Ellbogendysplasie (Hund): Krankheitssteckbrief

Was ist ED beim Hund?

Bei der ED beim Hund ist die Funktionsfähigkeit des Ellbogengelenks eingeschränkt. Während des Wachstums entwickeln sich die Knochen nicht normal. Einige Teile des Scharniergelenks werden stark überlastet.

Wie ist das Ellbogengelenk aufgebaut?

Das Ellbogengelenk, das als Scharniergelenk gestaltet ist, verbindet die Knochen der oberen und unteren Vorderextremität. Es besteht aus dem Humerus (Oberarmknochen) und dem Radius und der Ulna. Der oberste Teil der Ulna bildet einen Fortsatz für den hinteren Anteil des Ellbogengelenks. Im Bereich der Gelenkfläche befindet sich der Processus anconaeus, der das Ellbogengelenk während der Streckung stabilisiert. Die Walze des Humerus liegt ebenso wie der Kopf des Radius in der Gelenkfläche der Ulna. Zwei Kronenfortsätze (Processus coronoideus medialis und lateralis) umschließen den Radius. Die Fortsätze unterstützen die Übertragung der Kraft von der oberen auf die untere Vorderextremität.
Da das Ellbogengelenk die Vorderextremität nicht nur beugen und strecken kann, sondern auch eine eingeschränkte Rotationsfunktion hat, ist die Biomechanik des Gelenkes komplizierter als bei reinen Drehgelenken wie dem Schultergelenk.

Damit alle Gelenkbewegungen komplikationslos funktionieren, müssen die Gelenkflächen der drei an dem Gelenk beteiligten Knochen gut zusammenpassen und mit einer gesunden Schicht aus Knorpel überzogen sein. Fügen sich die Knochen nicht exakt ineinander, bildet sich durch die ungleichmäßige Abnutzung eine schmerzhafte Arthrose. Der Hund zeigt eine unterschiedlich stark ausgeprägte Lahmheit.

Die Entwicklung des Ellbogengelenks

Das Ellbogengelenk entsteht aus Knorpeln, die im Lauf der Entwicklung zu den Knochen umgeformt werden. Die Knochen wachsen vor allem im Bereich der Epiphysenfugen (Wachstumsfugen). Bei dem fertigen Ellbogengelenk sind die Gelenkflächen der einzelnen Knochen mit einer Schicht aus Knorpel bedeckt. Stabilisiert wird das Ellbogengelenk durch die Gelenkkapsel, die aus Bindegewebe besteht. Um zu verhindern, dass die Knochen aneinander reiben, befindet sich in der Gelenkkapsel die Synovia (Gelenkschmiere). Durch die Flüssigkeit und den Gelenkknorpel kann das Gelenk bewegt werden, ohne dass Schmerzen auftreten. 

Wann tritt ED beim Hund auf?

Die ersten Symptome können zwischen dem vierten und sechsten Lebensmonat auftreten. Bei einigen Hunden zeigen sich erst gegen Ende des Wachstums im zehnten und zwölften Monate die ersten Krankheitsanzeichen. Es bestehen große individuelle Unterschiede.

Wie entsteht eine ED beim Hund?

Der fragmentierte oder isolierte Processus anconaeus und die Osteochondrosis dissecans entstehen während des stärksten Wachstums im vierten und fünften Lebensmonat. Da Rüden ein schnelleres Wachstum zeigen als Hündinnen, sind sie häufiger von der Ellbogendysplasie betroffen. Die Reifung des Knochens und damit die Verknöcherung des Knorpels sind gestört. Die Knochen, die das Ellbogengelenk bilden, wachsen nicht gleichmäßig. Durch die Überbelastung infolge der Fehlstellung lösen sich Teile des Knorpels oder der Knochen ab. 

In dem Processus anconaeus der Ulna befindet sich ein separater Verknöcherungskern. Bei großen Hunden verbindet sich der Fortsatz zwischen der dreizehnten und zwanzigsten Woche nach der Geburt mit der Ulna. Tritt die Verknöcherung nicht ein, bleibt die Wachstumsfuge offen. Diese wird durch die Belastung zerstört, der Processus anconaeus hat keine Verbindung mehr zu der Ulna. Er liegt als freier Gelenkkörper innerhalb der Gelenkkapsel und verursacht durch die Reizung des Gelenks eine Arthrose

Bei dem Processus coronoideus medialis besteht kein eigener Verknöcherungskern. Der Fortsatz bricht zwischen der 20. und 22. Woche, in der eine empfindliche Phase der Gelenkbildung stattfindet, durch Überbelastung ab. Bei der Osteochondrosis dissecans ist das Knorpelwachstum gestört. Teile des Gelenkknorpels lösen sich ab und schwimmen in der Synovia.

Ursachen

Die ED beim Hund ist eine multifaktorielle Erkrankung, deren genaue Entstehung noch nicht mit absoluter Sicherheit geklärt ist.

  • Genetische Komponente
  • Schnelles Wachstum
  • Übergewicht
  • Überversorgung mit Kalzium und Vitamin D
  • Zu starke Beanspruchung des Ellbogengelenks

Eine genetische Veranlagung als Auslöser der ED beim Hund

Für die Vererbung der Ellbogendysplasie an die Nachkommen dürften mehrere Gene verantwortlich sein. Sind beide Elterntiere ED-Träger, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass auch bei den Nachkommen eine Ellbogendysplasie auftritt. Da es sich aber um einen komplexen Erbgang, an dem mehrere Gene beteiligt sind, handelt, können auch Welpen geboren werden, die nicht an Ellbogendysplasie erkranken. Vererben die Hündin und der Rüde die fehlerhaften Gene nicht, kann die ED beim Hund trotzdem bei den Nachkommen auftreten.
Wie der genaue Erbgang erfolgt, ist derzeit noch nicht bekannt.

Einfluss der Fütterung auf das Auftreten einer ED beim Hund

Von der chronischen Gelenkerkrankung sind vor allem Hunde betroffen, die rassebedingt ein schnelles Wachstum zeigen. Das bedeutet, dass mittlere und große Hunderassen wesentlich häufiger betroffen sind als kleine Hunderassen.
Das Wachstum des Hundes wird durch die Fütterung stark beeinflusst. Eine zu hohe Versorgung mit Proteinen (Eiweiß) führt zu einem schnelleren Wachstum und damit zu einer Erhöhung des Risikos für eine ED beim Hund. 

Wird ein großer Hund zu lange mit Welpenfutter, das viel Energie enthält, gefüttert, wächst der Vierbeiner sehr schnell. Das Wachstum von Knochen, Knorpeln und Muskeln verläuft nicht mehr harmonisch. In dem Gelenk bilden sich Stufen, Wachstumsfugen schließen sich nicht an dem normalen Zeitpunkt. Weiters wird vermutet, dass bei einer Überversorgung oder Unterversorgung mit Vitaminen und Kalzium das Risiko für eine ED beim Hund erhöht ist.

Bei Überbeanspruchung des Ellbogengelenks erhöht sich das Risiko für eine ED beim Hund

Übergewicht verursacht eine starke Beanspruchung der Gelenke. Der Gelenkknorpel nutzt sich schneller ab. Fehlstellungen treten auf. Das Risiko für eine ED beim Hund steigt.

Wachsende Hunde sollten noch keinen Hundesport ausüben. Die schnellen Wendungen und hohen Sprünge belasten die Gelenke und verursachen Schäden, die nicht mehr beseitigt werden können.

Wie äußert sich ED beim Hund?

Es tritt eine wechselseitige Lahmheit an den Vorderbeinen auf. Der Hund zeigt Beschwerden beim Aufstehen und Hinlegen. Die ersten Schritte sind steif. Aufgrund der Arthrose sind die Gelenke geschwollen, die Beweglichkeit ist eingeschränkt. Der Hund hat Schmerzen bei der Bewegung.

Ellbogendysplasie Hund Röntgenbild

Abhängig vom Schweregrad der Symptome erfolgt die Behandlung konservativ oder über eine chirurgische Intervention.

Symptome und Diagnostik von ED

Die Symptome sind individuell verschieden. Einige Hunde lahmen nur leicht, bei anderen sind die Folgen der Arthrose deutlich zu erkennen.

Symptome der ED beim Hund

Meistens sind die ersten Symptome ab dem vierten Monat nach der Geburt zu erkennen. 
Der Hund steht nur schwer auf, die ersten Schritte sind steif. Bei der Bewegung des Ellbogengelenks äußert der Hund Schmerzen
Die Streckung und Beugung des Gelenks ist teilweise eingeschränkt. Die Lahmheit ist meistens auf beiden Vorderextremitäten zu erkennen. Die Einschränkung der Beweglichkeit kann rechts und links unterschiedlich sein. 
Beim Stehen wird das betroffene Gelenk durch nach außen Drehen der vorderen Pfote entlastet. Wird die Vorderextremität nach vorne geführt, ist der untere Anteil nach außen gedreht. 

Besteht die ED beim Hund bereits über längere Zeit, ist das Ellbogengelenk durch eine verstärkte Füllung mit Flüssigkeit angeschwollen. Die Muskulatur im Bereich der oberen Vorderextremität bildet sich zurück. Jeder Druck, der auf das Gelenk ausgeübt wird, ist für den Hund sehr schmerzhaft. Bewegt sich der Hund, reiben die nicht mehr vom Knorpel bedeckten Teile aneinander. Die Geräusche der Reibung sind im fortgeschrittenen Stadium deutlich zu hören. 

Formen von ED

Die ED beim Hund tritt in vier verschiedenen Formen auf. An jeder Form der Ellbogendysplasie sind unterschiedliche Anteile des Ellbogengelenks beteiligt. Alle vier Formen, bei denen eine Fehlbildung des Ellbogengelenks besteht, werden gemeinsam als ED beim Hund bezeichnet. 

1. Isolierter Processus Anconeus

Bei dem isolierten Processus anconaeus, IPA, verwächst der Fortsatz nicht mit der Ulna. Der Fortsatz kann vollständig abgetrennt, oder noch teilweise mit der Ulna verbunden sein. Wird das Ellbogengelenk bewegt, bewegt sich auch der Processus anconaeus und verursacht eine Reizung des Gelenks. Schnell entsteht durch die Entzündung eine schmerzhafte Arthrose

2. Osteochondrosis Dissecans

Bei der Osteochondrosis dissecans, OCD, ist die Entwicklung der Knorpelschicht gestört. Die Knorpelschicht ist zu dick und kann in den unteren Bereichen nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen aus der Synovia versorgt werden. Der Knorpel stirbt ab. Der obere Anteil des Knorpels löst sich ab und schwimmt in Form einer Schuppe in der Gelenksflüssigkeit. Der Knochen liegt frei im Gelenk. Durch das Versagen der Stoßdämpfung nutzt sich das Ellbogengelenk schneller ab. Es bildet sich eine Arthrose, die sich schnell verschlimmert

3. Fragmentierter Processus Coronoideus

Hat sich zwischen dem Radius und der Ulna durch ungleichmäßiges Wachstum eine Stufe gebildet, wird der Processus coronoideus stark belastet. Knochenstücke brechen ab und verursachen eine Entzündung im Ellbogengelenk. Hunde mit FCP zeigen viele unterschiedliche Symptome. Meistens treten die ersten Krankheitserscheinungen erst bei älteren Hunden auf. Bei schwer ausgeprägten Formen sind die Lahmheit und die hochgradige Arthrose des Ellbogengelenks bereits in der Endphase des Wachstums zu erkennen

4. Inkongruenz

Wachsen Radius und Ulna nicht gleichmäßig, kann sich zwischen beiden Knochen eine deutliche Stufe bilden. Die Belastung von Knochen und Knorpeln erfolgt nicht mehr gleichmäßig. An Bereichen, die überbelastet sind, sind der Gelenkknorpel und der Knochen stark geschädigt. Die Entzündung des Gelenks mündet in einer hochgradigen Arthrose. 

Kann man ED beim Hund operieren?

Leidet der Hund an einer deutlichen Lahmheit, kann eine Operation durchgeführt werden. Der chirurgische Eingriff lindert nur die Schmerzen und die Symptome. Die Athrose ist nicht heilbar und schreitet auch nach der Operation weiter fort.

Ellbogendysplasie Hund Besuch beim Tierarzt

Bei einer klinischen Untersuchung wird die schmerzhafte Bewegungseinschränkung im Bereich des Ellbogengelenks festgestellt. Der Verdacht auf eine ED wird durch ein Röntgenbild bestätigt.

Behandlungsmöglichkeiten

Abhängig vom Schweregrad der Symptome erfolgt die Behandlung konservativ oder über eine chirurgische Intervention.

Konservative Therapie der ED beim Hund

Der Hund erhält Schmerzmedikamente. Die Beweglichkeit wird durch ein individuelles Physiotherapie-Programm verbessert. Das Programm setzt sich aus Massagen, Therapien auf dem Unterwasserlaufband, Ultraschall zur besseren Durchblutung des Gelenks und Elektrotherapie zur Stärkung der Muskulatur zusammen. 

Um die Bildung der Arthrose zu verlangsamen, werden in das Gelenk autologe Blutprodukte mit Wachstumsfaktoren oder Stammzellenpräparate injiziert. Das Serum mit den Wachstumsfaktoren und Thrombozyten (Blutplättchen) wird aus dem Blut des Hundes gewonnen. Die Stammzellen werden im Labor aus dem Fettgewebe des Hundes gezüchtet. 

Die Arthrose bei der ED beim Hund kann auch durch eine MBST-Therapie verringert werden. Bei der Kernspinresonanztherapie überträgt ein Gerät Energie auf das bereits geschädigte Gewebe im Ellbogengelenk. Die Zellen werden durch die Energie biophysikalisch angeregt. Die Zellteilungsrate steigert sich. Die Therapie ist für den Hund schmerzfrei. Es entsteht nur ein schwaches Wärmegefühl. 

Chirurgische Behandlung der ED beim Hund

Frei schwimmende Gelenkkörper werden unter Narkose bei einer Arthroskopie entfernt. Ist der Processus coronoideus noch teilweise mit der Ulna verbunden, sollte der Knochen teilweise entfernt werden.

Stufen zwischen Radius und Ulna werden chirurgisch ausgeglichen, um die Überlastung der Ulna zu verringern und die Schmerzen bei der Bewegung des Ellbogengelenks zu lindern. Liegt eine IPA vor, wird der isolierte Processus anconaeus entfernt. Um den Processus coronoideus zu entlasten, kann ein Teil der Bizepssehne durchtrennt werden. Die starken Zugkräfte, die der Muskel über die Sehne auf den Knochenfortsatz ausübt, werden so verringert. 

Ist die ED beim Hund bereits stark fortgeschritten, wird eine Sliding Humeral Osteotomy durchgeführt. Bei dieser Operation wird der Humerus durchtrennt und mit einer Platte in einer neuen Position fixiert. Durch die Verlagerung des Gewichts wird das Gelenk entlastet. Die Beweglichkeit des Gelenks verbessert sich nach einiger Zeit wieder. 

Eine chirurgische Behandlung sollte nur dann durchgeführt werden, wenn der Hund bereits eine deutliche Lahmheit zeigt. Jede Operation bedeutet immer auch einen Eingriff in das Innere des Gelenks und verursacht eine weitere Arthrose. Wenn möglich, sollte immer eine schonende Arthroskopie bevorzugt werden. Da bei einer Entfernung von frei schwimmenden Knochen- und Knorpelanteilen im Gelenk immer eine Arthrose besteht, die nicht geheilt werden kann, tritt nach der chirurgischen Behandlung nach kurzer Zeit wieder eine Lahmheit auf. 

Kann ein Hund mit ED leben?

Ein Leben mit ED ist möglich, wenn Therapiemaßnahmen gesetzt werden, die die Schmerzen lindern und den Verlauf der Erkrankung hinauszögern. Der Hund benötigt Physiotherapie und Schmerzmedikamente.

Welche Lebenserwartung hat ein Hund mit ED?

Durch konservative und chirurgische Therapie wird die Lebensqualität des Hundes verbessert. Die ED beim Hund kann nicht geheilt werden. Durch Therapien verzögert sich der Verlauf der chronischen Gelenkerkrankung. Die Hunde sind bei regelmäßiger physikalischer Therapie in der Lage, ein normales Hundeleben ohne Beeinträchtigung zu führen. 

ED beim Hund – Vorbeugung

Da es sich bei der ED beim Hund um eine Erbkrankheit handelt, sollten für die Zucht nur Hunde zugelassen werden, die nicht an der Ellbogendysplasie leiden. 

Eine zu frühe Belastung der Gelenke durch Hundesport, lange Wanderungen oder Fahrten mit dem Fahrrad sollte unbedingt vermieden werden. 
Gesundes und artgerechtes Hundefutter mit einem individuell angepassten Energiegehalt verhindert ein zu schnelles Wachstum und unterstützt ein regelmäßiges Wachstum der Gelenke.Durch ausreichend Bewegung und Beschäftigung werden Übergewicht und Stress vermieden. 

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