Home Hundewissen von A bis ZHundeleben nach einem schweren Unfall – ein persönlicher Erfahrungsbericht

Hundeleben nach einem schweren Unfall – ein persönlicher Erfahrungsbericht

von Michelle Breitenfeld

„Hundeleben“ – meine Reise mit Batja“

von Jan Schmitt

Der Unfall und die ersten Entscheidungen

Alles begann, als mein Australian-Shepherd-Retriever-Mischling vor dreieinhalb Jahren von einer Mauer zwölf Meter in die Tiefe stürzte und auf einem Steinweg aufschlug. Ein Unfall, den ein Tier eigentlich kaum überleben kann. Das Bild, das ich sah, als ich über die Mauer blickte und sie dort unten lag, hat sich unauslöschlich in mein Gedächtnis eingebrannt – verbunden mit der schlagartigen Gewissheit: Sie ist tot.
Aber Batja war nicht tot.

Neben einigen Lungenrissen, die nach wenigen Tagen intensivmedizinischer Behandlung heilten, hatte sie sich „nur“ die Sehnen in beiden Vorderbeinen gerissen. Was zunächst wie eine Verletzung aussah, die sich zumindest mittelbar gut würde heilen lassen, entwickelte sich schnell zu einem Spießrutenlauf von Arzt zu Arzt, von Behandlung zu Behandlung, von Operation zu Operation.
Medizinisch ging fast alles schief, was nur vorstellbar ist.

Nach vier Tagen war klar, dass sie die Lungenrisse überleben würde. Dann ging es um die Sehnen. Es gab die Möglichkeit, Metallschienen einzusetzen, damit die Knochen am Gelenk zusammenwachsen und die Aufgabe der Sehnen übernehmen könnten. Doch die Leitung der Klinik entschied sich dagegen. Man ging davon aus, dass die Sehnen von selbst wieder zusammenwachsen könnten.

Das war die erste und schwerwiegendste Fehlentscheidung. Erst viel später erfuhr ich, dass die Sehnen auf diese Weise niemals hätten heilen können. Der Schaden war enorm und sollte die nächsten Jahre prägen.

Hundeleben nach schwerem Unfall(2)

 

Monate zwischen Schmerzen, Hoffnung und Klinikalltag

Batja bekam ungepolsterte Metallschienen, die tief ins Fleisch einschnitten. Sechs Monate lang sollte sie diese tragen. Bald entstanden Wunden, aus denen Infektionen wurden. Es waren heiße Sommermonate, in denen ich mich daran gewöhnen musste, ein schwer verletztes Tier zu haben, das sich nur mühsam fortbewegen konnte – während es wenige Wochen zuvor noch herumtobte und kaum zu bändigen gewesen war.

Ich wurde Dauergast im Wartezimmer der Tierklinik. Immer wieder Check-ups, Röntgenaufnahmen, Entzündungen, fehlende Medikamente. Meist erfuhr ich wenig – oder erst im Nachhinein, was nicht hätte passieren dürfen.

Auch für Batja war alles eine Qual: ständiges Jucken, die Hitze im Plastiktrichter, blutige Beine. Bald konnte und wollte sie sich kaum noch bewegen. Deshalb ließ ich maßangefertigte Orthesen anfertigen – Kostenpunkt 1.200 Euro. Die bisherigen Behandlungen und Medikamente hatten mich bereits mehrere Tausend Euro gekostet. Trotzdem dachte ich: Bald ist alles vorbei.

Hundeleben nach schwerem Unfall

Rückschläge, Operationen und falsche Entwarnung

Im Frühherbst folgte der entscheidende Röntgencheck. Das Ergebnis war eine Katastrophe: Nichts war zusammengewachsen. Monate voller Medikamente, Wunden und Verbände waren umsonst gewesen. Die Zehen waren falsch gewachsen, verursacht durch die engen Schienen.

Die Klinik entschied, dass nun beide Beine nacheinander operiert und Implantate eingesetzt werden müssten. Die Knochen müssten teilweise zurechtgebogen oder gebrochen werden. Nach etwa sechs Monaten bestünde eine Chance, wieder normal laufen zu können. Batja war jung – zweieinhalb Jahre alt – sie könnte gut heilen.

Zunächst sah alles gut aus. Nach einigen Monaten kamen die Verbände ab. Die Ärztin sagte: „Sie waren heute zum letzten Mal hier.“ Zum ersten Mal seit einem Dreivierteljahr sah ich Batja wieder richtig laufen. Wir begannen mit Physiotherapie, sie lernte im Wasser wieder einen harmonischen Gang. Spaziergänge wurden länger. Ich glaubte, das Schlimmste liege hinter uns.
Ich irrte mich.

Multiresistente Keime und der Verlust des eigenen Lebens

Eine kleine Wunde am linken Bein schloss sich nicht. Es folgte Rätselraten. Dann die Erkenntnis: multiresistente Keime hatten sich bei den Operationen in die Beine geschlichen. Ich wurde erneut Dauergast in der Klinik. Es folgten Medikamentencocktails, monatelange Antibiotikagaben – bis eines nach dem anderen nicht mehr wirkte.

Mein Leben wurde schleichend von Batjas Geschichte vereinnahmt. Zuhause stapelten sich Gehhilfen, Medikamente und Verbandsmaterial. Der Alltag wurde bestimmt von Arztbesuchen, Behandlungen und Operationen. Es gab Zeiten, da konnte sie keine zehn Meter gehen und musste getragen werden, dann wieder kurze Phasen, in denen Spaziergänge von zehn oder zwanzig Minuten möglich waren.
Es war ein ständiges Auf und Ab – emotional und körperlich.

Urlaube gab es nicht mehr. Zeit außer Haus hielt ich so kurz wie möglich. Freundschaften litten, ich wurde dünnhäutig, aggressiv. Meine Beziehung zerbrach.

Hundeleben nach schwerem Unfall

Kosten, Schuld und Hilfe von außen

Finanziell war ich mittlerweile bei fast 10.000 Euro angekommen – möglich nur durch einen Zusatzkredit auf meine Wohnung. Welche Rolle spielte Schuld? Wie weit wäre ich bereit zu gehen?

Ein großes Glück war, dass ich nicht allein war. Schon vor dem Unfall hatten meine Freundin Annette, ihr Mann und ihre Kinder Batja immer wieder zu sich auf ihren Bauernhof genommen. Nach dem Unfall wurde diese Hilfe existenziell. Sie zögerten keinen Moment, Batja weiter aufzunehmen – nun als pflegebedürftigen Hund.

Ein Jahr nach dem Unfall ging es steil bergauf. Batja konnte wieder längere Strecken gehen, manchmal sogar einige Meter rennen.

Hundeleben nach schwerem Unfall

Der absolute Tiefpunkt

Dann kehrten die Wunden zurück. Eiterblasen, aufplatzende Stellen, neue Röntgenbilder. Das Ergebnis war niederschmetternd: Beide Implantate waren gebrochen, von eitrigem Bakterienschleim überzogen. Die Knochen waren nicht ausgeheilt.
Die Implantate müssten entfernt und ersetzt werden – so schnell wie möglich.

Nach eineinhalb Jahren standen wir wieder ganz am Anfang. Alles, was wir durchgemacht hatten, war praktisch umsonst gewesen. Schlimmer noch: Batja war inzwischen gegen fast alle Antibiotika resistent. Es standen weitere Operationen an, mit enormen Schmerzen, endloser Wundversorgung und Kosten im fünfstelligen Bereich.

Die Konfrontation mit dem Loslassen

Immer häufiger stellte sich die Frage: Hätte ich früher aufhören müssen?
Darf man an Einschläfern denken, obwohl das Tier noch lebt?

Diese Gedanken auszusprechen, brachte eine unerwartete Erleichterung. Zum ersten Mal konnte ich offen über Leben und Tod nachdenken. Mir wurde klar, dass Loslassen auch Verantwortung sein kann – für das Tier und für sich selbst.

Ein neues Leben – und offene Fragen

Batja zog zu Annette auf den Bauernhof. Sie wurde ein Landhund, umgeben von Menschen, Tieren und Natur. Es ging ihr besser. Lange Zeit.

Doch die Keime blieben. Eine Wunde wurde so groß, dass das Implantat sichtbar wurde. Wieder standen wir vor einer letzten Entscheidung.
Nach einer Spendenaktion konnten die Implantate entfernt werden. Die Operation verlief besser als erwartet. Batja muss nun zum dritten Mal in ihrem Leben wieder laufen lernen.

Hundeleben nach schwerem Unfall(3)

Was bleibt

Batjas Geschichte hat meinen Blick auf das Leben mit einem Tier grundlegend verändert.
Wie viel Verantwortung tragen wir? Wann ist Weiterkämpfen richtig – und wann Loslassen?
Manches beantwortet sich mit der Zeit. Manches bleibt offen.

Dann müssen wir die Dinge nehmen, wie Hunde es tun:
Wie sie sind.

Du bist noch auf der Suche nach deinem Traumhund?

Finde deinen Traumhund auf edogs!

Dein direkter Draht zur Hundewelt!

Mit unserem Newsletter für Hundebegeisterte.

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar

* Mit der Nutzung der Kommentarfunktion erklärst Du Dich mit der Speicherung und Verarbeitung Deiner Daten durch diese Website einverstanden.